Dienstag, Oktober 09, 2007

Beziehungen

hier ein Posting, das ich in der SZ schrieb und das viel von dem beinhaltet, was Beziehung für mich ist, sein soll - und vor allem auch nicht ist.

"Beziehungen

"bis der Tod euch scheidet"... wie weiter oben, waren nicht unbedingt Liebesbeziehungen, sondern in vieler Hinsicht Versorgungs- und Überlebensbeziehungen. Die Erwartungen an eine Ehe waren früher nicht die Verliebtheit bis ans Ende.
Ich kann mich gut an alte Frauen erinnern, die im Gespräch sagten: Mein Mann ist schon seit 5 Jahren tot - wir waren über 50 Jahre verheirtatet. Es war ein _guter_ Mann. Dieses "gut" ist etwas anderes, als "er liebte mich", es beinhaltet, dass diese 50 Jahre sich zusammengerauft wurde und dass beide sich aufeinander verlassen konnten, es beinhaltet Rücksichtnahme und gegenseitige Wertschätzung.
Die Erwartungen an eine Beziehung heute sind oft völlig andere. In der Regel ist eine wirtschaftliche Versorgung der Frau durch den Mann nicht mehr notwendig genausowenig, wie der Mann unbedingt auf die Frau angewiesen ist für die Versorgung der Kinder... die wiederum "gebraucht" werden um im Alter versorgt zu sein. All dies ist entkoppelt.
An die Stelle dieser oft nüchternen Notwendigkeiten ist der Wunsch nach Liebe getreten, nach sexueller Erfüllung, nach einem _Versorger_ für die Luxusgüter des Lebens (Glück, Zufriedenheit, Geborgenheit...) Gleichzeitig ist aber der Anspruch "bis das der Tod euch scheidet" zumindest als Wunschvorstellung und romantischer Traum in den Köpfen erhalten geblieben. Die Erwartungen die an den Partner - oft den EINEN Partner - gestellt werden sind immens hoch. "Alles " gemeinsam machen (oder zumindest vieles) ist immer noch ein großes Ziel - und das bei einem imensen Zuwachs an Freizeit im letzten Jahrhundert, die miteinander verbrachte Zeit wird nicht gebraucht um an einem Strang zu ziehen, sondern soll qualitativ hochwertig sein. Gleichzeitig ist ein verbindendes Ziel nicht mehr unbedingt vorhanden, mal abgesehen von den Häuslebauern, die sich dann trennen, wenns Häusle endlich steht.

Die Gier nach den großen Gefühlen ist groß - nicht nur in der SM Welt - und die Enttäuschung wenn sie wieder mal jemand nicht erfüllen kann auch. Man braucht ihn dann nicht unbedingt, diesen der nicht 100%ig passt, man kann auch ohne ihn.

Ich sehe dies gar nicht wertend. Ich glaube nur, dass in vielen Köpfen (auch in meinem) irgendwo der Wunsch nach dem perfekten Partner fürs Leben steckt. Dazu gehört mehr als SM, mehr als ähnliche Hobbys... In der Ausgestaltung dieser Partnerschaft fehlen aber meines Erachtens die Vorbilder für neue Wege die man gehen kann, abseits vom "wenn sie nicht gestorben sind", unabhängig vom Kinder kriegen und Häusle bauen.

Meine letzte Beziehung war nicht auf Zeit und schon gar nicht auf die Ewigkeit angelegt. Wir wollten beide nichts "Festes", sondern im Hier und Jetzt leben (das hatte für uns beide nichts mit polyamory zu tun) Wir haben diese verbindliche Unverbindlichkeit inzwischen beendet - und trotzdem sind diese zwei Jahre, die wir "ziellos" zusammen waren für mich die gelungenste Beziehugn die ich bisher hatte. Geprägt von sehr viel Freiheit und Wertschätzung füreinander - letzteres lies sich auch über das Ende der Beziehung unbeschadet retten, was mich sehr freut. Vielleicht ist dies auch deshalb gelungen, weil wir einander nicht als passendes Gegenstück sahen, nicht als etwas was unser Leben vervollständigt (missing link) sondern "lediglich" als eine Bereichung (sozusagen "premium" account). Dadurch blieb die Verantwortung für das eigene Glück bei jedem selbst und Unglücklichsein konnte (und wurde) nicht auf den Partner projeziert werden.

Ich merke - SM oder nicht SM spielt in meiner Betrachtung von Beziehung irgendwie gar keine Rolle - d.h. ich denken zwar, dass ähnliche Neigungen, genauso wie ähnliche Hobbys ein miteinander bereichern können, aber ich glaube nicht, dass die Art der Neigung oder des Hobbies einen Einfluss auf die empfundene Qualität der Beziehung hat."


Der ganze Thread ist nachzulesen unter:

Beziehungen