Mittwoch, September 05, 2007

Pendel

In meinem Leben scheint es oft so zu sein, dass ich über einen längeren Zeitpunkt auslote, wo denn nun der richtige Standpunkt für mein Leben ist. Manchmal kommt das Pendel dabei zur Ruhe um später wieder langsam einzuschwingen - nicht zwischen Extremen - aber doch zwischen vermeintlich konträren Möglichkeiten - und kommt an anderer Stelle wieder zum stehen. So, dass der "Standpunkt" über einen längeren Zeitpunkt gesehen eher ein Pfad ist, manchmal ein breiter Weg, der sich durch mein Leben schlängelt.

Früher dachte ich (Standpunkt), dass es Dinge gibt die unveränderlich sind - Grundsätze im Leben, die Halt und Geländer auf einem geraden Weg sind, Gegebenheiten der Natur oder eines Gottes. Von diesem Punkt habe ich mich - wenn auch mühsam und langsam - schon lange fortbewegt.

Konstanten sind wenige geblieben, so z.B. mein Verständnis von Freundschaft, meine Abneigung dagegen anderen bewußt zu schaden, selbst dann, wenn ich mich über sie ärgere.

Mein Bild von Frauen - und von Männern - ändert sich immer mal wieder. Meine harte Emanzipationszeit liegt hinter mir - in der ich meinte beweisen zu müssen alles zu können, dann konnte ich "alles" und tat nur noch das was mir davon auch Spaß machte - und jetzt stelle ich fest ich kann doch nicht "alles", bin endlich da angekommen nicht (kaum) noch beweisen zu müssen und muss auch tun was mir keinen Spaß macht - es sei denn ich kann es delegieren, auch an Männer - nur das hilflose Weibchen lag noch nie in Reichweite meines Pendels, nicht mal dann wenn es sich angeboten hätte und es mir niemand übel genommen hätte.
Männer - achherrje - ein tolles Thema für zwei Frauen mit schlechter Ehe. Stundenlang haben wir uns damals ausgetauscht, Klischees gepflegt und herzlich gelacht. Es waren schöne Stunden, ich möchte sie nicht missen. Dann trat der Biologismus an die Stelle der Klischees und belegte so schön, warum Männer so sind wie sie sind, und was sie so alles nicht können (Stichwort: Männer sind simpel) um im gleichen Atemzug zu betonen, dass ich aber nicht etwa - als Frau - irgendwie ein schlechteres räumliches Vorstellungsvermögen hätte..... Well. Der Biologismus taugt gut für pseudowissenschaftlich untermauerte Klischees - sehr gut.
Gerade zieht mein Pendel ruhige Bahn - ich gehe davon aus, dass ich Menschen um mich habe, die unterschiedliche Eigenschaften haben - und ich stelle fest: Es macht das Leben, mein Leben und Empfinden einfacher.

SM - da hat es routiert das Pendel - jahrelang. Sind die Träume und Phantasien so alt wie meine Erinnerungen, so ist doch die bewußte Beschäftigung mit dem Thema mit unendlich vielen Ängsten besetzt gewesen. Ich habe über mehrere Jahre gelesen und in Foren und Chats diskutiert, mit einer Mischung aus Sehnsucht und Angst vor Veränderungen meiner selbst, die ich nicht mit meinem Menschenbild hätte in Einklang bringen können. Später kamen Kontakte über den Stammtisch zustande - auch dort, viele Gespräche - wenige über Konkretes, die meisten über die Gefühlswelt, das Warum und das Selbstverständnis.
Mit den unglaublichen Glück für "meinen SM" einen langvertrauten Menschen neu zu entdecken und gemeinsam ein paar Schritte auf die dunkle Seite des eigenen Ichs zu gehen, hat sich schließlich endlich ein gutes Gefühl eingestellt, so dass das Pendel gerade mit einem Lächeln ruht. Es ist alles so einfach - und schlussendlich ist es nur Sex in einer etwas anderen Variante. Ich bin froh, hätte ein reales Eintauchen in meine Phantasien bedeutet, dass meine Alltag sich verändern müsste - so hätte der schnöde Alltag den Vorrang bekommen, bei allem Bedauern.

Ab und zu allerdings schweift der Blick über Gefilde, die mein Pendel nicht umfasst, Gebiete, die es selten berührte, oder die schlichtweg zu weit entfernt sind um sie im Moment zu erforschen. Manchmal entstehen dabei Sehnsüchte, Wünsche - die real und brennend sein können, aber deren Erfüllung unwahrscheinlich ist - selbst dann, wenn andere dort die Pfade ihres Lebens ziehen. Lange bin ich immer mal wieder an diesen "outbacks" verzweifelt, meint sie doch erobern zu müssen - unbedingt. Ich habe darum gekämpft und immer verloren. Dabei habe ich manchmal aus dem Blick verloren, wie schön die "Heimat" ist. Ähnlich ist es mit der schönen Burg hier - 10km entfernt. Ich wohne fast 20 Jahre in der Gegend und war noch nie da. Nein, ich habe sie nicht gestrichen, die Outbacks, ich stehe lediglich nicht mehr ständig auf meinem Aussichtsturm in fremde Welten, sondern durchstreife meine eigenen Gefilde - und ab und an - ganz überraschend finde ich mich doch im Outback wieder. Manchmal hält es was es verspricht, manchmal nicht.

Von einem Blick vom Aussichtsturm handelt das folgende Gedicht. Nachdem ich die Sehnsucht durchlitten habe - das Outback nicht besucht und nicht erstritten - geht es mir umverschämt gut - mit mir selbst und damit wie ich bin.

Manchmal

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